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Karthäuserhof

Seit den glorreichen Tagen haben viele versucht, das Weingut Karthäuserhof wieder auf Kurs zu bringen. Doch erst jetzt scheint die richtige Mannschaft gefunden zu sein. Dabei kommt dem Weingut zugute, dass der jetzige Besitzer Albert Behler, der Cousin des früheren Besitzers Christoph Tyrell, bereit ist, in all das zu investieren, was man über drei Jahrzehnte als Investitionsdefizit bezeichnen konnte. Dabei werden die historischen Gebäude, die aus dem 14. Jahrhundert stammen und in der zweiten Kellerebene sogar über einen Bachlauf verfügen, mit einem so spektakulären wie nützlichen Neubau kombiniert, der ein wenig an das gar nicht so weit entfernt liegende neue Gebäude von Van Volxem erinnert.

Was ebenfalls an Van Volxem erinnert, ist der Name des neuen Betriebsleiters. Denn der heißt nun Dominik Volk. Er wird Hand in Hand arbeiten mit Mathieu Kauffmann, der 2020 zusammen mit Richard Grosche vom Reichsrat von Buhl gekommen war.

CHRISTOPH RAFFELT

Die Herkunft ist ebenso klar markiert wie das Zusammenspiel aus tänzelnder Leichtigkeit...

Während Richard ein Angebot bekam, das er nicht ablehnen konnte, ist Mathieu geblieben und pendelt zwischen der Ruwer und seinem zweiten Engagement, dem Sektgut Christmann & Kauffmann. Mathieu Kauffmanns erste Handlung war es, den Betrieb auf biologisches und sukzessive auch auf biodynamisches Arbeiten umzustellen. Mit Erfolg. Die Weinberge des Karthäusershofs sehen völlig anders aus als früher und sind in dieser Gegend der Appellation Mosel eine echte Seltenheit, so divers, bunt und lebendig sind sie heute.

Weinlage und Weine

 Ähnlich wie beim Nachbarn Maximin Grünhaus handelt es sich auch beim Eitelsbacher Karthäuserhof um ein Weingut, das mit seiner Monopollage berühmt, ja legendär geworden ist. Der Karthäuserhofberg ist ein nach Süden ausgerichteter Riesling-Weinberg, dessen roter Ton-Schiefer in erheblichem Maße mit Eisenoxid durchsetzt ist. Der Bach am Fuße des Weinbergs färbt sich bei Regen so rot, dass er vor langer Zeit den Namen Eitelsbach bekam, was, ins Hochdeutsche übersetzt, so viel wie Eisenbach bedeutet.

Tagsüber wird es in diesem Weinberg teils brüllend heiß. Das wäre schon fast zu viel für den Riesling, gäbe es da nicht die kalte Luft, die nachts von den umliegenden Hunsrückhöhen in den Weinberg fließt und wie eine Schubumkehr funktioniert. Die Reben und das Gestein kühlen ab und konservieren so die Aromen und auch die Säure in den Trauben. Die Veränderung hin zum biodynamischen Weinbau macht hier besonders viel Sinn, weil die externen Umwelteinflüsse in dieser isolierten und arrondierten Lage auf ein Minimum reduziert sind.



Die Tyrell-Weine waren sowohl in ihren restsüßen Prädikaten berühmt als auch in ihren trockenen Varianten, wie es sie vor 30 Jahren noch sehr selten gab. Zwischenzeitlich war das Angebot des Weinguts etwas diffus geworden, also hat man das Portfolio gestrafft. Gerade was die Kabinettweine anging, hatte man sich ein wenig verloren, zumal viele eher wie Auslesen wirkten. All das ist vorbei. Der Einstieg beginnt mit dem Karthäuserhof Schieferkristall Riesling trocken. Den Wein gibt es seit rund 20 Jahren.

Es war immer ein trockener Kabinett. Das bleibt er auch weiterhin, nur dass er jetzt die Stellung eines Gutweins einnimmt und somit den Einstieg ins Portfolio bildet. Er ist die Visitenkarte, die die Ausrichtung des Weinguts glasklar zeigt: Der Schieferkristall hatte nie mehr als 11,5 Vol.-% Alkohol bei trockenem Ausbau. Ein solcher Riesling schmeckt nirgendwo sonst so voll und saftig wie an der Ruwer und vielleicht noch an der Saar. Auch der Eitelsbacher Riesling Alte Reben trocken ist sein bisheriges Spätlese-Prädikat los und fungiert nun auf der zweiten Ebene der VDP-Pyramide als Ortswein. Darüber steht im trockenen Bereich der aktuelle 2019er Karthäuserhofberg Riesling Großes Gewächs, der sich noch ganz jung und ein Stück weit verschlossen präsentiert, was im Angesicht seiner Jugend völlig normal ist. Im Prädikatsbereich gibt es den Karthäuserhofberg Riesling als Kabinett, als Spätlese und als Auslese, dazu je nach Jahrgang weitere Auslese-Qualitäten.


Wenn man die Weine im Glas hat, überrascht eine Brillanz, die man in den Jahren zuvor tatsächlich nicht mehr in dieser Form gewohnt war. Das beginnt mit dem für Mathieu Kauffmann sehr typischen, knochentrockenen Schieferkristall und kulminiert im Großen Gewächs, vor allem aber in der 2019er Auslese, die sich schon jetzt so gut trinken lässt, dass es schwer werden dürfte, sie im Keller zu vergessen. Es ist ein Wein, bei dem so gut wie alles stimmt.

Die Herkunft ist ebenso klar markiert wie das Zusammenspiel aus tänzelnder Leichtigkeit (8,5 Vol.-%), Schieferaromatik, brillanter Frucht und lebendiger Säure, bemerkenswerter Tiefe und beeindruckender Länge. Die 2020er Weine schaffen es noch nicht, das so klar zu zeigen, weil sie schlichtweg noch sehr jung und von einem längeren Hefelager geprägt sind. Aber auch der Kabinett zeigt Anzeichen dieser Klarheit und Brillanz, die man jetzt wieder beim Karthäuserhof findet. Hier kann man von einem mehr als gelungenen Auftakt sprechen.

Text von Christoph Raffelt
September 2022
Author Christoph Raffelt