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Scarbolo

Der Vater hat die Vorarbeiten erledigt 

Das Weingut Scarbolo liegt in den Friuli Colli Orientali, den östlichen Hügeln Friauls. Laras und Mattias Vater hat es in den 1990ern gegründet und wollte damals schon vieles anders machen, nämlich weg vom industriellen hin zum handgemachten Wein mit mehr Qualität. „Doch mein Vater hat sich irgendwann verzettelt.“, sagt Mattia, „die Kunden wollten keine höheren Preise zahlen, also hat er die Erntemengen vergrößert. Der US-Importeur wollte Cabernet, also hat er Cabernet gepflanzt.“ Mattia hatte dazu keine rechte Beziehung aufgebaut und ging dann erst mal hinaus in die Welt. Er landete nach dem Studium im Investmentbanking in New York. „Aber das war alles nicht real. Ich wollte schnelles Geld verdienen, aber das war irgendwie alles wie im Film, ich hatte zu viele falsche Freunde, fühlte mich nicht wohl und wollte dann einfach nach Hause.“ Also ist er 2017 zurück ins Friaul gekommen und hat begonnen, sich ernsthaft mit Wein auseinanderzusetzen. Er ist zu Luca Roagna, Arianna Occhipinti und zu anderen Weinmachern dieses Schlages gefahren, während seine Schwester schon längst beim Wein angekommen war. Sie hatte Önologie in Udine und Bordeaux studiert und bei Franz Haas und Vie di Romans gearbeitet, einem der wenigen High-Class-Betriebe der Region, der rund 20 Minuten vom Weingut entfernt liegt. 2017 haben beide angefangen, zusammen mit ihrem Vater den Betrieb auf links zu drehen. Sie sind immer noch in der Entwicklung, aber sie wissen, wohin sie wollen. Mattia ist heute 33, seine Schwester 30 Jahre alt.

CHRISTOPH RAFFELT

Was die beiden mit großem Enthusiasmus begonnen haben, trägt jetzt schon begeisternde Früchte.

Reduzierung auf das Wesentliche 

„Let's cut all the shit, let's focus on what inspired us”, war zu Beginn ihre Devise. Deshalb haben sie ihr Portfolio von anderthalb Dutzend Weinen auf sechs reduziert und die Größe ihres Weingutes von 26 Hektar auf 22 verringert – in Zukunft sollen es nur noch 16 sein. Überall dort, wo der Effekt der vielen Spritzungen der Nachbarn auf ihre mittlerweile biologisch und biodynamisch ausgerichteten Weinberge zu groß ist, geben sie diese ab. Zudem soll das Weingut auch in Bezug auf die Rebsorten stärker im historischen Ökosystem verwurzelt sein. Cabernet und Merlot passen hier nicht mehr hinein. Zudem gab es eine vollständige Neuausrichtung im Vertrieb, weshalb die Beziehung zu allen bisherigen Importeuren abgebrochen wurde. Dass die beiden von Zuchthefen auf spontane Vergärung umgestiegen sind, war konsequent. Sie sind jedoch direkt einen Schritt weiter gegangen und haben für die Weine jeweils einen Pied de Cuve im Weinberg angesetzt, der dort kurz vor der Ernte bereits gären und anschließend als Starter für die Gärung genutzt werden kann. Ihr erster Jahrgang war 2020, der derzeit den Mepari und Areore umfasst. Da es der erste Jahrgang des Areore war, eine Cuvée aus Chardonnay, Sauvignon Blanc und Friulano, die zusammen vergoren wurden, war das genutzte Holz noch neu. Daher ist der Abdruck des Holzes spürbarer, als er es auf Dauer sein sollte. Schaden tut es dem Wein allerdings nicht, er braucht lediglich ein wenig mehr Zeit auf der Flasche. Für den weiß ausgebauten Pinot Grigio Mepari haben die beiden neben Edelstahl das große Holz bevorzugt, das – wie für den ramatofarbenen Pinot Grigio Pipinot – in Zukunft nicht mehr aus slawonischer Eiche bestehen soll, sondern aus Akazienholz. Lediglich der reinsortige Chardonnay soll noch ein klassisches Tonneau erhalten. Was die beiden mit großem Enthusiasmus begonnen haben, trägt jetzt schon begeisternde Früchte. Und es ist spannend, ein solches Weingut in seiner Entwicklung begleiten zu dürfen.
Text von Christoph Raffelt
Oktober 2023
Author Christoph Raffelt