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Charlopin Tissier

Die Gründung der Domaine 

Justine und Yann haben sich 2009 kennengelernt. Beide studierten damals Weinbau. Yann stammt aus der erwähnten Domaine in Gevrey, Justine aus einer Weinbau betreibenden Familie in Chenôve, deren Lagen zur Appellation Marsannay gehören. 2013 hatten sie die Chance, in Morey Saint-Denis das Weingut der Domaine von David Clark zu erwerben, und sie begannen mit 0,46 Hektar Côtes de Nuits Villages, 0,09 Hektar Morey Saint-Denis und 0,16 Hektar Vosne-Romanée. Tatsächlich reichte diese Menge von weniger als einem Hektar nicht, um offiziell ein Weingut gründen zu können. Also hörten sie sich bei der Familie und Freunden um und konnten einige weitere Ar in Montre-Cul und Marsannay La Montagne mit Marsannay Rouge und Marlsannay Aligoté pachten. In 2014 ging eine Freundin der Familie in den Ruhestand, sodass die beiden zusätzliche 0,6 Hektar, verteilt auf Pernand Vergelesses 1er Cru „Sous Frétille“, Pernand Vergelesses, Aloxe Corton, Marsannay Longeroies und etwas Bourgogne Rouge, hinzupachten konnten – alles in allem eine überschaubare Größe, die im Laufe der letzten Jahre um weitere Ar in Montre-Cul, Marsannay Les Longeroies, Marsannay Le Chapitre und Gevrey-Chambertin erweitert werden konnte. Um auch ein wenig zukaufen zu können, hat das Paar 2017 das Maison Charlopin-Tissier gegründet, aus dem beispielsweise der Grand Cru Clos Vougeot aus zugekauften Trauben stammt. Alles in allem ist das Weingut mittlerweile jedoch so gewachsen, dass Yann seine Weine im Wesentlichen im Keller seines Vaters ausbauen muss, weil der eigene zu klein geworden ist.
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CHRISTOPH RAFFELT

Es sind sehr klassische Weine, die keiner Mode unterliegen.

Yanns und Justines Stilistik 

Wer die Rotweine ins Glas gießt, wird zunächst erstaunt sein. Die Pinots erinnern farblich fast an Côte Rôtie, so opak wirken sie. Man fragt sich unwillkürlich, ob hier ein bisschen zu viel extrahiert wurde. Doch nichts dergleichen. Es liegt an der kühlen Vorvergärung, die Yann auf dem Weingut betreibt. Die kann anderswo gerne mal zu einer etwas penetranten Frucht führen. Doch auch hier: nichts dergleichen. Seine Arbeit sieht so aus, dass er alle Trauben, weiße wie rote, komplett entrappt. Die kühle Vorvergärung dauert acht bis zehn Tage, bevor er die Weine dann im Edelstahl-Cuve langsam und spontan vergären lässt. Danach folgt der Ausbau, der bei 16 bis 18 Monaten liegt. Die Weine werden auf der Feinhefe ausgebaut. Für die Pinots nimmt Yann Charlopin Fässer mit 228 Litern Volumen. Er nutzt die Fässer von rund sieben Küfern, bevorzugt aber für die Rotweine vor allem François Frères. Bei den Weißweinen favorisiert er das Atelier Centre France sowie Fässer von 350 bis 400 Litern Volumen, sogenannte Zigarrenfässer, weil sie recht konisch zulaufen. Bei den Einstiegsweinen liegt der Neuholzanteil bei unter 20 % und steigert sich bis zum Grand Cru Clos Vougeot und dem Pernand-Vergelesses „Sous Frétille“, der intern ebenfalls als Grand Cru angesehen wird. Beide bekommen je nach Jahr zwischen 75 und 100 % neues Holz, ohne dass dieses je dominant wirken würde.

Als ich die Weine zum ersten Mal probiert habe, konnte ich meine Enttäuschung nicht ganz verhehlen. Die Weißweine wirkten weich, rund und leicht bitter, die Rotweine eher herb und ohne Charme. Am nächsten Tag mit Luft in der Flasche und etwas mehr Zeit, sich zu entwickeln, wirkten sie aber wie Admiral-Schmetterlinge nach der Verpuppung. Sie hatten sich entfaltet und zeigten nun zumindest in Ansätzen – schließlich sind sie noch sehr jung –, was sie können. Tatsächlich bringen Bourgogne Côte d’Ôr Blanc und Bourgogne Côte d’Ôr Rouge sowie der Bourgogne Rouge Montre-Cul schon sehr viel Wein ins Glas. Die Weine wirken dabei durch die Bank klassisch burgundisch und nie karg oder allzu reduktiv. Der weiße Marsannay Clos du Roy und vor allem der Pernand-Vergelesses „Sous Frétille“ besitzen eine Cru-Qualität, deren sich Yann Charlopin bewusst ist. Entsprechend bepreist er die Weine. Doch einen solchen „Corton-Killer“ wie den Sous Frétille muss man auch erst einmal finden. Die Marsannay-Weine zeigen ihr jeweiliges Terroir ganz präzise und eindrücklich. Die Spitze, bestehend aus Clos du Roy und Les Longeroies, kann man ganz klar mit viel höher klassifizierten Weinen aus Gevrey vergleichen. Marsannay und Umgebung bildet hier den Kern des Portfolios. Das, was früher eher als minderwertig und oft als zu kühl angesehen wurde, profitiert immens vom sich wandelnden Klima. Darüber stehen dann schließlich die berühmten Appellationen wie Aloxe-Corton, Gevrey-Chambertin und Vosne-Romanée. Hier gibt es zwar keine Cru-Lagen auf den Etiketten, aber die Climats liegen meist in deren direkter Nähe, und gerade bei Gevrey-Chambertin merkt man das direkt im Glas. Die Herkunft der Trauben aus dem im Allgemeinen durchaus qualitativ sehr heterogenen Clos Vougeot wird nicht kommuniziert, muss bei der Qualität des Weines aber sehr gut sein. Insgesamt ist dies ein bemerkenswertes Portfolio, das mehr als bei manch anderem Weingut etwas Zeit und Luft braucht, um aufzublühen. Dann aber begeistern die Weine mit Charme und einer sehr klaren Frucht, einem dezent eingesetzten Holz und mit Präzision. Es sind sehr klassische Weine, die keiner Mode unterliegen.

Text von Christoph Raffelt
September 2022
Author Christoph Raffelt