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HM Lang
Schaut man in die Weinregionen, die in Niederösterreich an die Donau grenzen, dann wirken sie sehr klassisch, manchmal gediegen, aber nicht unbedingt innovativ, auch wenn es natürlich Ausnahmen gibt. Eine der Ausnahmen ist das Weingut von Heidelinde und Markus Lang. Hier entstehen Weine, die einfach völlig anders sind als das, was sonst so im Tal der Donau und seinen Nebentälern entsteht. Es ist das Werk zweier großer Individualisten.
Die vier Weine zeigen die einzigartige Herangehensweise, die Markus Lang bei seiner Arbeit an den Tag legt. Der heiße 2018er Jahrgang wirkt hier geradezu ätherisch leicht, frisch, klar und präzise.
Der Riesling wurde im Holz oder im Steingut ausgebaut, der Grüne Veltliner und der Riesling vom Granit und Gneis im Holzfass, gleichfalls der Grüne Veltliner vom Löss. Immer ist deutlich das Terroir erkennbar, und die Weine sind daher völlig eigenständig. Das Weingut von Heidelinde & Markus Lang Das Weinmachen wurde Markus Lang nicht in die Wiege gelegt. Der Österreicher war Ingenieur und Flugzeugbauer. Er hat 25 Jahre lang unter anderem bei Airbus und für die US-Luftwaffe gearbeitet und bis vor wenigen Jahren einen Zulieferbetrieb in Wien geleitet. Wein war für ihn ein Genussmittel, dem er sich hier und da und ab und zu widmete. Weinbau kannte er nur aus der Ferne. Maschinenöl war ihm näher als das Öl von Oliven, Raps oder Kürbiskernen. Kurz gesagt: Er war kein Naturmensch. Dann starb vor rund 15 Jahren ein Cousin seiner Großmutter. Der besaß einen Weinberg im Steiner Schreck und machte Weine, die in der Familie als eigentlich untrinkbar berüchtigt waren.
MARKUS LANG
Die Wirkung war so erstaunlich, dass Nachbarn kamen und fragten, was ich gemacht habe.
Der Zufall wollte es, dass sich Markus Lang den völlig verwahrlosten Weinberg irgendwann anschaute und dass ihn die Idee packte, daraus etwas Schönes zu entwickeln. Er begann, sich in Literatur über das Weinmachen einzulesen, Leute zu befragen, die sich auskannten, mit Nachbarn zu reden und den Weinberg zu »entrümpeln«. Die erste Spritzung, die er tätigte, war eine chemische. »Danach war ich so fertig, als habe mir jemand sämtliche Energie abgesaugt“, meint Markus Lang zu diesem ersten und einzigen Erlebnis mit Herbiziden. Also setzte er sich wieder in Bewegung und sprach mit Leuten, die biologisch und biodynamisch arbeiteten.
»Ich war ein weißes Blatt, was diese alternativen Methoden anging. Bio war schon gut, aber irgendwann bin ich zu demeter® gegangen, habe mit Frank John gesprochen und habe 501 gespritzt. Die Wirkung war so erstaunlich, dass Nachbarn kamen und fragten, was ich gemacht habe. Alles, was ich danach unternommen und eingesetzt habe, war das Ergebnis von Selektion. Entscheidend war, dass meine Frau und ich die Pflanzen immer genau zum richtigen Zeitpunkt bearbeiteten und dadurch ihre Kräfte optimal nutzten.«
Heute besitzen die beiden drei Hektar. Kernstücke sind Parzellen im Steiner Schreck mit Unterlagen, die teils über 100 Jahre alt sind. Der Weinberg liegt auf rund 320 Metern und ist geprägt von Gföller Gneis und Granit. Dazu kommt eine Parzelle im Steiner Braunsdorfer, der von Löss geprägt ist. Einzigartige Prozesse Als Ingenieur hat sich Lang intensiv mit dem beschäftigt, was man bei den Prozessen des Weinwerdens optimieren kann. Er wipfelt seine Rebstöcke nicht, stutzt also nicht die überhängenden Triebe, sondern schafft sehr hohe Laubwände von etwa 2,40 Metern. Er steckt die Triebe stattdessen einfach nach unten durch. Sie erreichen so teils eine Länge von 6 Metern. Lang liest im Weinberg zwar auch nach Geschmack, aber vor allem nach den pH-Werten der Trauben. Der Riesling wird mit 2,9 pH gelesen, der Grüne Veltliner mit 3,0. Das hat in 2018 zu einer Lese Ende August geführt mit Alkoholgehalten von 11 bis 12,5 Vol.-%. Die Lese erfolgte 65 Tage nach der Blüte. Das dürfte in Österreich sonst kaum jemand so handhaben.
Ein sehr anschauliches Ergebnis seiner Überlegungen ist die gänzlich neu entwickelte Baumpresse, die rein händisch, aber bei 100 Tonnen Gewicht betrieben wird und extrem langsam pressen kann. Zwei bis zweieinhalb Tage wurden die 2018er Rieslinge und Grünen Veltliner aus den drei Hektar gepresst, die die beiden besitzen. Der Pressprozess ist zunächst komplett reduktiv, rinnt das Ganze aber in die Wanne, oxidiert es. Durch das langsame und sehr genaue Pressen erreicht Lang 80 % Saft, 68 bis 72 % wären es bei herkömmlichen Pressen. Außerdem gibt es sehr wenig Trub, es muss sich praktisch nichts absetzen, sondern der Saft läuft in die Holzfässer oder Steingutamphoren, wo ein Anteil von 3 bis 5 % abgebeerter Trauben hinzukommt. Die sorgen im 9 °C kalten Keller im Rahmen einer interzellulären Gärung – man kennt das von der Macération carbonique – immer wieder für einen Anschub bei der Spontanvergärung, bis die Weine irgendwann auf weniger als ein Gramm heruntergegoren sind.
Für all das nutzt er einen in den blanken Fels gehauenen Luftschutzbunker, der diese Temperatur konstant hält und durch ein besonderes Luftaustauschsystem auch die Luftfeuchte optimal und extrem konstant hält. Die Weine bleiben dort über zwei bis drei Jahre in den großen Stockingern und neuerdings jetzt auch in Fässern von Schneckenleitner sowie in Bordelaiser Steingutamphoren. Der 2019er wird erst jetzt gefüllt. Die Weine werden dann mit einer sehr schonenden Exzenter-Schneckenpumpe bei einem pH-Wert von 3,2 abgezogen, nicht filtriert und nur leicht geschwefelt.